Aufbruch Richtung Norden
Alles beginnt mit drei reinen Reisetagen bei schönstem Wetter, zweimal Fähre und nur eine Pause, somit eigentlich „nur“ 636 km bis nach Hjo am Vettern geschafft. Der Motor geht aber erst um 2135 Uhr das letzte mal für heute aus, an einem eher zweitklassigen Rastplatz, von dem man den See nur in der Ferne erspähen kann. Aber eigentlich kenne ich das aus früheren Jahren, bis etwa 60° Nord kann man schöne Stellplätze eigentlich vergessen. Besser bis gut wird es erst ab 61° Nord.
Am ersten Tag der relativ kurzen Fahrt durch drei Länder offenbart sich nebenbei der Niedergang von Europa. Es gibt sie wieder, die Staus an den kleinstaatlichen Grenzkontrollen! Ich entsinne das ja noch aus meiner Jugend, aber wie findet das die heutige Jugend, die so etwas eigentlich gar nicht kennt? Schon schlimm genug dass einige Skandinavischen Länder noch ihre eigenen kleinstaatlichen Währungen haben. Tja liebe Dänen, aus diesem Grund gabs diesmal keine Kronen an mir zu verdienen.
Obwohl der zweite Tag mit Sonnenschein gut beginnt, klappen heute eigentlich nur die Türen. Habe mal wieder Probleme mit der Trinkwasserpumpe, und auch die noch anstehenden kleineren Besorgungen scheitern entweder am nicht vorhandenem Angebot oder an den Ladenschlusszeiten am Samstag. Zu allem Überfluss streikt auch noch die Kreditkarte, was sich glücklicherweise durch einen motivierten Hotline Mitarbeiter im Auftrag einer hier nicht genannten Bank 😉 am späten Nachmittag lösen lässt. Da ich die geplante Tagesetappe somit nicht geschafft habe, stehe ich am Abend etwas gefrustet auf einem kleinen Rastplats, äh Platz, am Lángban See etwas nördlich von Filipstad und versuche alles etwas zu sortieren und mal einen ruhigen Rythmus in die ganze Sache zu bekommen. Einziger Spaß des Tages: hier stehen zwei WoMo’s mit insgesamt vier Ruheständlern. Eigentlich erstmal nichts besonderes in dieser Gegend. Aber die haben trotz vieler Holzbänke und Tische erstmal ihre „Komfortstühle“ ausgepackt. O.K. eigentlich auch noch nichts besonderes, man will es ja auch mal gemütlich haben. Aber die Stühle haben sie so aufgestellt, dass sie den See im Rücken haben und auf ihre WoMos samt der dahinterliegenden Schnellstraße schauen. Kopfschüttel …….
Bei einem kleinen Halt auf dem Weg zum Hedar Fjorden empfiehlt mir das „Blaupunkt“ Navi (negativ Werbung muss erlaubt sein 🙂 ) anstatt zu wenden doch in einem kleinen Bogen zurück zur Hauptstraße zu fahren. Nun gut, schaue ich mir halt noch den kleinen beschaulichen Ort Fulunäs mit Ziegen und Schafen an. Kurz vor der Hauptstraße gibt es dann eine alte Holzbrücke, die nur leider schon gesperrt ist, und auch zu Zeiten in denen sie noch befahrbar war, ließen die Schilder nur Fahrzeuge bis 1.5 t und 2 Meter Höhe passieren. Auf dem Rückweg beharrte das Navi allerdings noch lange darauf, dass ich doch bitte über die Brücke fahren solle. Allerdings sah die Brücke in der Tat noch viel besser aus, als so manche Konstruktionen im fernen Osten. Und 3 Meter hätten auch noch drunter gepasst.
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Den späten Nachmittag des dritten Tages habe ich erst mal nach 1100 km bei schwül warmem Wetter am Hedar Fjorden verdöst. Dann weckt mich ein wohlbekanntes Motorengeräusch, welches typisch für durchdrehende Räder ist. Es folgt die gute Tat des Tages indem ich einer schwedischen Familie geholfen habe, die sich mit ihrem Wohnmobil am abschüssigen Strand fest gefahren haben. Fiat Ducato mit Frontantrieb rückwärts den Berg hoch, da ging erst mal nichts mehr. Schon Dank zweier Sandbleche haben wir das WoMo aber wieder flott bekommen und alle haben sich gefreut 🙂 vor allem deshalb, weil erst anschließend ein starkes Gewitter mit heftigem Regen niederging.
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bei morgendlichem Nebel und ausgiebigem Kartenstudium habe ich beschlossen, einen See weiterzuziehen. Am Stora Harundsjön findet sich ein ruhiges Plätzchen und bei schönsten Wetter kann ich die Kajak Auslandspremiere genießen.
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Stunden später 😉
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aber dann !!! mal eine ganz andere Perspektive 🙂
Angekommen
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unterwegs auf das Flatruet treffe ich auf zwei Albino Rentiere die wenig Lust zeigen zur Seite zu gehen, sehr eigenartig …. genetische Missbildungen nach Tchernobyl? Ich weiß es nicht. Jedenfalls befinde ich mich derzeit im strahlenbelasteten Teil von Schweden der damaligen Reaktorkatastrophe in der Ukraine. Der Landschaft mit der unendlichen Weite sieht man’s glücklicherweise nicht an. An der angeblich höchsten öffentlichen Straße auf 975 m (ich hab das so meine Zweifel) rütteln mich und einige Nachbarn am Abend allerdings heftige Sturmböen und Gewitter durch, die Regenmengen erlaubten mir leider kein brauchbares Foto der rotierenden Wolke unter der wir stehen.
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Der nächste Morgen zeigt sich aber als wenn nichts gewesen wäre und so mache ich einen Spaziergang auf den „Miesehketjahke“ der so mies dann doch nicht sein kann 🙂 .
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In Vertrauen auf das „norge meteorologisk institut“ mache ich mich zwei Tage später bei anfänglichem Regen auf den Weg zum Helags, 12 km oneway in leichtem Gelände sollten zu schaffen sein 😉 Und tatsächlich bricht sich die Sonne am Mittag den Weg frei. Auf der Helags Fjällstation gönne ich mir dennoch zum trocknen ein Heißgetränk mit einem klitzekleinen Schlückchen hochprozentigem, die gesehenen Islandpferde scheinen aber echt zu sein. 🙂 Während sich über dem nahen Norwegen bereits eine gigantische Gewitterzelle zeigt, beschließe ich getrocknet und gestärkt anstatt ein Bades im schönen Helagsbadet zu nehmen doch lieber wieder abzusteigen und habe dabei das Glück, genau zwischen zwei Gewitter zu geraten und somit trocken zu bleiben. Trotz der vielen Andreaskreuze habe ich weit und breit keinen Zug für die bequeme Rückfahrt entdecken können und so kommen summa summarum 25 km per pedes zusammen, uff.
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Am Morgen präsentiert sich der Störsjön mit Seenebel !
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Nachdem ich hinter Strömsund auf dem unbefestigten Björnvägen weiter gen Nordwesten fahre ohne etwas von Meister Petz zu sehen, gelange ich an einen rustikalen und verlassenen Fähranleger. But don’t pay the ferryman until he gets you to the other site. So warte ich die Nacht an dem schönen Stellplatz 😉 vergeblich auf den Fehrmann und breche am Morgen zum Hällingsåfallet mit dem längsten Canyon Schwedens auf. Irgendein Prädikat passt halt immer.
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Es gibt zwei Parkplätze am längsten Canyon, einen unten und einen oben direkt am Wasserfall. Ich breche ganz sportlich vom unteren Parkplatz auf, 2.7 km markierter Wanderweg sollten wohl überhaupt kein Problem sein. Gegen die ausdrückliche Empfehlung des Schwedisches Tourismus Verbandes nehme ich daher weder einen Kompass noch eine Karte noch ein Telefon mit, welches ohnehin am Ladegerät hängt, und verlaufe mich prompt im tiefsten finsteren Wald ;-). In der Tat habe ich eine Flussquerung verpasst und bin einfach dem Weg gefolgt, der sich irgendwann im Wald verlief. So wie mir ging es wohl schon sehr vielen. Zurück am Ort der Fehlentscheidung sieht man auch warum, der Weg durch einen Zufluss ist überhaupt nicht zu sehen und man hätte schon sehr genau hinsehen müssen um am anderen Ufer die Wegmarkierung zu sehen. Aber noch viel schlimmer war, dass ich nichts zum Blaubeeren sammeln dabei hatte, die gab es hier nämlich reichlich.
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Gegen Abend suche ich weiter nördlich einen Stellplatz. Am Leipikvatten ist der schönste leider schon vergeben, also nehme ich den zweitschönsten und muss tatsächlich das erste mal die Sperren und die Untersetzung benutzen. Hoffentlich regnet es nicht zu stark in der Nacht, die fehlende Sonne kann man sich aber in jedem Fall schon mal selbst an den Horizont zaubern 😉
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Natürlich hat es in der Nacht stark geregnet, aber trotz gestiegenem Pegel stehe ich noch auf dem Trockenen und entdecke bei der anschließenden Fahrt über das Stekenjokk trotz des grauen Wetters einen trockeneren Platz samt Landy.
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Da sich das Wetter etwas bessert beschließe ich einen Zwischenstopp in Fatmomakke, einem alten samischen Versammlungsort, der später von den schwedischen Missionaren vereinnahmt wurde. Von dort besteige ich das Marsfjället und stelle fest, hier gibt es überhaupt kein Mars 🙁 , sondern nur Rentiere. Gut dass ich ein eigenes Mars eingepackt hatte 🙂
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Weiter nach Norden glaube ich mich fast im fernen Osten zu befinden. Eine rostige Brücke über den Pite Älven wird gleichzeitig von der Inlandsbahn genutzt. Allerdings hätte es dort natürlich nicht so eine schöne Lichtzeichenanlage gegeben. Guckst Du hier. Mitternacht am Pite Älven:
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Und was wäre Schweden ohne Forsen, wobei es auffallend viele Trollforsen zu geben scheint?
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Am nächsten Tag gibt es dann eine völlig unspektakuläre Polarkreisquerung, aber der Vollständigkeit halber muss die natürlich erwähnt werden 😉
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Kurz hinter Jokkmokk geht es dann links nach Kvikkjokk, eine von zwei Zufahrtsmöglichkeiten in die Nähe des Sarek Nationalparks. Wobei Nähe hier relativ ist. Die Nationalparkgrenze liegt dann nochmals 10-20 km weiter entfernt und ist nur zu Fuß oder mit dem Helicopter zu erreichen, im Winter natürlich auch mit dem Hundeschlitten 🙂 .
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Und wenn die Zufahrt nicht ohnehin verboten wäre, würde sie noch an ganz anderen Kleinigkeiten scheitern.
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Also heißt es erst mal schlappe 16,5 km per Pedes zur Nationalparkgrenze an der Aktse Fjällstation, wobei bereits schon nach 10 km der erste Aussichtspunkt erreicht ist. Diesen hatte ich eigentlich für eine Kajaktour vorgesehen, da er laut meiner Karte das Ende der befahrbaren Straße markiert. Gut, ich könnte jetzt Kajak, Zelt, Schlafsack, Proviant zusammenpacken und dann die resultierenden 50 kg hierher tragen, aber ich beschließe noch etwas länger am Leben zu bleiben und begnüge mich mit der Aussicht auf den Laitaure. 😉
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to be continued: Laponia 2016