Wir, meine Tochter und ich, planten für knapp zwei Monate Island zu bereisen. Im Winter 2014 konnten dann endlich die ersten konkreten Pläne gemacht werden. Doch dann plötzlich diese Fragen, was man denn da solange machen will? Ein so kleines Land, und zu sehen gäbe es da auch nicht viel, nur Einöde, Wüste, Sand, Staub und schlechte Straßen, zu allem Überfluss sei es da auch noch kalt.
Zugegeben, das Wetter hätte manchmal besser sein können, aber alles andere ist einfach grandios. Knapp zwei Monate waren viel zu wenig Zeit, denn auf Island gibt es weit mehr zu sehen als so mancher vielleicht vermuten mag. Gerade für die ungünstigen Wetterphasen wünschten wir uns mehr Zeit, um diese einfach abwarten zu können. Und es sei gleich erwähnt, dass die Witterungsverhältnisse manchmal nur ein einziges Problem verursachten: man kann von der grandiosen Landschaft nichts sehen wenn die Wolken auf Meeresniveau hängen! Und so wird ein wenig erschlossenes Land mit weniger als einem drittel der Fläche von Deutschland lange nicht vollständig in zwei Monaten zu erkunden sein.
Aber beginnen wir von vorne.
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Vorbereitungen
Wann soll es losgehen? Wann ist die subjektiv beste Reisezeit? Wie passt diese in unsere (noch vorhandenen) Verpflichtungen zu Hause? Wir einigen uns auf August und September, Spätsommer und Frühherbst auf Island, eine Zeit in der der Schnee aus dem Winter abgetaut sein sollte und in der zumindest im September nicht mehr so viel los sein sollte. Auch hoffen wir natürlich auf Polarlichter, die im Hochsommer nicht zu sehen wären.
Welche Reiseroute wollen wir wie detailiert festlegen oder wollen wir völlig flexibel vor Ort entscheiden? Wir wählen eine Mischung aus allem und benötigten in jedem Fall neben den diversen frei zugänglichen elektronischen und bezüglich ihrer Detailtiefe meist bescheidenen Karten richtige Karten, solche aus Papier!! Die funktionieren auch ohne Strom und so etwas gibt es tatsächlich noch, nicht gerade günstig, aber für mich ein must have 🙂 Durchaus empfehlenswert die mehrsprachigen Regionalkarten von forlagid, Reykjavik im Maßstab 1:200.000.
Island wird für ExMo eine echte Herausforderung werden, sozusagen der erste Härtetest. Was kann man ExMo alles zumuten, was muss an Bord für den Fall der Fälle?
Als erstes haben wir uns entschlossen, die Seilwinde abzubauen und das Gewicht einzusparen. Eine Seilwinde in einem eher baumarmen Land erschien uns nicht sonderlich zweckmäßig, und die allermeisten Allradfahrzeuge, die uns auf Island begegnen würden, wären vermutlich zu leicht, um uns mit Hilfe einer Winde irgendwo rausziehen zu können. So belassen wir es bei Bergegurten und Schaufel und verließen uns etwas egoistisch darauf, dass ein geeignetes Fahrzeug, nämlich eines über 5 t, vermutlich eine Winde an Bord haben würde 😉
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Die voraus Proviantierung gestaltet sich nicht allzu aufwendig, da auf Island nur die Einfuhr von 3 kg Lebensmitteln pro Person erlaubt ist und wir diese Grenze auch nicht (endlos) überstrapazieren wollen. Ausgeschlossen von diesen 3 Kg sind ohnehin auch alle Fleisch und Milchprodukte.
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Anreise
Die Anfahrt nach Island ist dagegen recht einfach, es gibt eine Autofähre vom dänischen Hirtshals über die Färöer (Føroyar) direkt in das isländische Seyðisfjörður, und so bummeln wir bereits am Sonntag gemütlich gen Norden um am Dienstag Vormittag überpünktlich drei Stunden vor der Abfahrt in Hirtshals einzutreffen. Andere Islandreisende empfahlen eine frühzeitige Buchung, so daß wir uns bereits im November 2014 die Tickets sicherten, zumal die Anreise noch in der Hauptsaison erfolgen musste. Ich habe keine Ahnung, ob es gerade noch rechtzeitig war, aber die Fähre war Anfang August komplett ausgebucht, wir sind beinahe die letzten die im Fährhafen eintreffen. Wie passen soviel Fahrzeuge auf eine einzelne Fähre? Etwa drei Stunden später sind alle drei bis vier Fahrzeugdecks mit LKW’s, Reisebussen, Wohnmobilen, Kleinbussen und Off Road Fahrzeugen, PKW’s mit und ohne Anhängern, Motorrädern und last but not least Fahrrädern restlos zugeparkt! Vermutlich sah es auf dem Bereitstellungsplatz der Fähre in Hirtshals nicht viel anders aus als im Fahrerlager der Rallye Paris-Dakar.
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Irgendwie und nach einigen Stunden schaffen wir es aber auch auf die Fähre und die lange Überfahrt kann beginnen. Endlich haben wir auch etwas Zeit wenigstens ein paar Brocken isländisch zu verinnerlichen, soweit man (ich insbesondere) es denn aussprechen kann. Aber „Góðan daginn“ oder „takk fyrir“ sollten schon drin sein 🙂
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Die restlichen Stunden vergehen zumindest auf der Anreise wie im Fluge. Es gibt schließlich noch diverse Verpflegungspausen 😉 und endlich kann ich nach den letzten arbeitsreichen Tagen auch mal ausschlafen.
Ein Zwischenstop in Tórshavn auf Føroyar und der Blick auf den dortigen Bereitstellungsparkplatz offenbarte uns übrigens, dass noch viel mehr Fahrzeuge auf diese Fähre passen.
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Ankunft
Nach insgesamt 47 Stunden ruhiger Überfahrt erreichen wir endlich Island, und es empfängt uns im Hochsommer mit Regen und tief hängenden Wolken. Das Wetter führt offenbar auch zu einer gewissen Lethargie beim Zoll? Von den vielen vor uns fahrenden Reisemobilen wird jedenfalls nicht eines kontrolliert, und wir haben so gut wie keine Lebensmittel an Bord 🙁
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So lassen wir es erst einmal ruhig angehen und warten den Ansturm nahezu aller Fährpassagiere auf die beiden einzigen Supermärkte in Egilsstaðir ab. Dieses Vorgehen hat zwar den Vorteil eines geruhsamen Einkaufs ohne den Hauch von Massentourismus, allerdings sind die Supermärkte so ziemlich leer geplündert und entfalten einen leicht sozialistischen Charme 😉 Wie wir noch herausfinden sollten, richten sich sogar die Öffnungszeiten der wenigen Supermärkte an der Ostküste nach den Fahrplänen der Smyril Line!
Der Nordosten
Als wir dann das Meiste zusammen haben geht es erstmal im Regen in Richtung Norden. Sozusagen in entgegen gesetzter Richtung der restlichen 90% Festlandeuropäer. Wir wollen zunächst einmal den weniger touristisch angepriesen Nordosten Islands erkunden um die offiziellen Highlights erst in der nahenden Nachsaison und somit in der etwas weniger überlaufenen Zeit zu bereisen, so dachten wir jedenfalls. Am Abend haben wir uns dann einen „einigermaßen“ Erdrutsch sicheren Übernachtungsplatz mit Blick auf einige 100 m Meer ausgesucht. Am nächsten Morgen hat der Wettergott aber ein einsehen und das ganze sieht schon etwas freundlicher aus, so dass wir bis zum Horizont blicken können:
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Die ersten Tage auf Island machen wir bei wechselhaftem Wetter einige schöne Wanderungen oder Spaziergänge. Die Fauna zeigt sich zunächst nur in Form von Trockenfisch, aber die schroffe Nordostküste Islands beherbergt auch einige Papageientaucher Kolonien, die sich ab etwa Mitte August auf den Weg nach Süden machen werden, um auf dem Meer zu überwintern, so dass wir sie vorher noch besuchen wollen. Wir verfallen dem Ehrgeiz, einige tolle Fotos machen zu wollen, kommen mit unseren Ergebnissen aber nicht annähernd an die gestochen scharfen Motive der Hochglanz Postkarten heran. Eigentlich ist es auch viel schöner diese lustigen Vögel einfach zu beobachten. Der Nachwuchs startet seine ersten Flugversuche und erstaunlicherweise gehen die meisten von Ihnen erst bei der Rückkehr zum Nest im wahrsten Sinne des Wortes baden, da sie offenbar beim Anflug die Zielkoordinaten und die nötige Anfluggeschwindigkeit falsch berechnen. Aber alle beobachteten „Abstürze“ enden ohne ernsthafte Schäden im Meer.
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Weil das Wetter dauerhaft eher schlecht bleibt, brechen wir die geplanten Walbeobachtungen ab und verlassen die Küste in Richtung Süden. Über Ásbyrgi, dem Hufabdruck von Odins Pferd 😉 geht es zunächst zum roten Vulkankegel Rauðhólar mit seinen spannenden Basaltsteinformationen, wo wir uns auf einem kleinen gemütlichen Campingplatz Hljóðaklettar einmieten (mittlerweile sollen dort nur noch Zelte erlaubt sein). Nachdem wir den Rauðhólar am nächsten Morgen erwandert haben ging es noch am selben Tag und bei Sonnenschein über die erste anspruchsvollere Piste weiter zum Dettifoss, der mit zu den größten Wasserfällen Islands zählt.
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Am Abzweiger zum Wasserfall treffen wir dann auf eine von Süden kommende ausgebaute nagelneue Schnellstraße mit Sackgasse an einem riesigen Parkplatz in unmittelbarer Nähe der Fälle. Unsere zweite Begegnung mit dem Massentourismus, leicht zu erreichen für Reisebusse aller Größen. Dennoch gelingt es uns einigermaßen ungestört die Wasserfälle zu erkunden, da die allermeisten auch nicht so weit laufen möchten oder in Eile sind …….
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An diesem schönen Tag besichtigen wir am Abend noch das Vulkangebiet am Krafla, wo wir das erste mal den Kontrast zwischen schwarzer und bunter Lava, grünen Wiesen und orangeroten Solfataren bis zu graugrünen Schlammquellen bestaunen können. Der letzte Ausbruch des Krafla ereignete sich 1975 bis 1984! Das ganze Gebiet ist immer noch aktiv und in unmittelbarer Nähe wurde ein Geothermalkraftwerk gebaut, welches einen ziemlichen Lärm macht, wenn der Überdruck aus den tiefen der Erde über diverse Sicherheitsventile entweicht. Mal ganz abgesehen von der schwefelhaltigen Luft war diese Ecke für Übernachtungen also eher ungeeignet. Da es an diesem 11. August noch sehr lange hell war erinnert uns erst der Hunger an die späte Stunde und so suchen wir uns ein ruhigeres Plätzchen unterhalb des Kraftwerks.
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Hier oder besser gesagt am Mývatn endet der erste Teil der Reise. Vom Mývatn gibt es nicht viel zu berichten, very crowded, very expensive, aber wir sind ja auch Teil dieser Massen. So machen wir uns lieber auf ins Hochland und verlassen die asphaltierten Straßen. davon aber mehr im zweiten Teil.
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to be continued: Island 2015 part2